Nutraceuticals in der Urologie – Erkrankungen der Harnwege natürlich behandeln

Gebhardt, P. (2020). Nutraceuticals in der Urologie – Erkrankungen der Harnwege natürlich behandeln. OM & Ernährung, SH16, 52-59.

Nutraceuticals sind natürlich in Nahrungsmitteln enthaltene Stoffe, die eine therapeutische bzw. prophylaktische Wirkung aufweisen. Im Bereich der Urologie eignen sich bestimmte Nutraceuticals zur Behandlung des benignen Prostatasyndroms und zur Therapie und Prophylaxe von Harnwegsinfektionen. Die Anwendung zur Vorbeugung vor der nierenschädigenden Wirkung bestimmter Arzneimittel ist Gegenstand aktueller Forschung.

Die Einnahme von täglich 320 mg Sägepalmenextrakt beeinflusst den Harnstrahl in deutlich günstiger Weise. Der Pflanzenextrakt zeigte dabei eine, dem synthetischen Finasterid ähnliche Wirksamkeit.

Das Enzym 5-Alpha-Reduktase überführt Testosteron in seine Wirkform Dihydrotestosteron, die das Wachstum der Prostata maßgeblich beeinflusst. Durch eine Inhibierung können Symptome des benignen Prostatasyndroms gelindert werden. Eine hemmende Wirkung auf das Enzyms weisen sowohl synthetische als auch pflanzliche Wirkstoffe auf. Im Vergleich zu Finasterid bietet sich der Extrakt der Sägepalme (Serenoa repens) an, der sich durch ein günstiges Nebenwirkungsprofil auszeichnet.

Harnwegsinfekte können sehr erfolgreich mit Antibiotika behandelt werden, die die verursachenden Erreger beseitigen. Bei Verdacht auf eine Beteiligung der oberen Harnwege sollte eine solche Behandlung unbedingt erwogen werden, da ein Risiko ernsthafter Schäden besteht (Entzündung der Nieren oder des Nierenbeckens, Urosepsis). Zur Therapie unkomplizierter Infektion bieten sich jedoch auch Stoffe an, die natürlich in Nahrungsmitteln vorkommen. Im Vergleich zu antibiotischen Wirkstoffen zeichnen sie sich dadurch aus, dass Nebenwirkungen bei ihrer Anwendung nicht zu erwarten sind. Im klinischen Umfeld konnte eine deutliche Wirksamkeit ebenfalls zur Prophylaxe von Harnwegsinfektionen herausgestellt werden. In Kombination mit Antibiotika konnte eine Verbesserung der Wirksamkeit aufgezeigt werden. Der Wirkstoff D-Mannose besetzt Pili uropathogener E. coli-Bakterien, mit denen die Erreger an die Urothelzellen binden. Durch D-Mannose können sich die Bakterien, die für etwa 80% der Harnwegsinfekte verantwortlich sind, nicht mehr an den Urothelzellen festhalten. Sie werden vermehrt mit dem Urin ausgespült. D-Mannose kommt in zwei geometrisch unterschiedlichen Formen (sog. „Anomeren“) vor. Während α-D-Mannose eine Saccharose-ähnlichen, süßen Geschmack aufweist, schmeckt β-D-Mannose Chinin-ähnlich, bitter. Bei der Untersuchung der Molekülgeometrien konnte deutlich aufgezeigt werden, dass α-D-Mannose das Anomer ist, das natürlich auf den Oberflächenstrukturen der Harnwege vorkommt bzw. dass die Bakterienpili an α-D-Mannose binden. Bei der Anwendung von D-Mannose sollte deshalb darauf geachtet werden, dass der Wirkstoff süß schmeckt.

Verschiedene Pharmakotherapien gehen mit einer verstärkten Sauerstoffradikalbildung einher, die die Nieren erheblich belasten und gravierende Schäden verursachen können. Antioxidantien wie Coenzym Q10 können zur Entgiftung freier Radikale beitragen und einer oxidativen Schädigung entgegenwirken.